Sonntag, 20. November 2011

Abends als es dunkel ward

Der bleibende Eindruck von meiner Fahrt nach Kamaishi und Umgebung am zweiten November-Wochenende war, dass im Vergleich zur Fahrt nur zwei Wochen vorher am Ende Oktober plötzlich und spürbar die Stimmung der Menschen dort umschlägt und nun viel von Trauer und Schmerz sowie der Angst vor Depression und Vereinsamung gesprochen wird. Vielleicht liegt es daran, dass jahreszeitenbedingt die Nächte länger werden und die Menschen in Dunkelheit hüllen.

Hier einige persönliche Bemerkungen zu unseren „Themen“.

1. Kirchen:

Ich habe nach meiner Ankunft am Donnerstag in der Shinsei-Kirche übernachtet und ein langes Gespräch bis in die späte Nacht mit Pfarrer Yanagiya und seinem Bruder dort geführt. Das Eis ist gebrochen, sie wünschen eigentlich eine regelmäßige und möglichst langfristige Präsenz von uns, damit wir bessere Gelegenheit haben, an die etwas introvertierten Menschen in Tohoku ran zu kommen. Ich versuchte zu erklären, dass zu häufige Fahrten z.B. meinerseits uns Schwierigkeiten durch zu hohe indirekte Kosten bereiten könnten – und wurde vehement korrigiert, dass solche Reisen gar nicht als Verwaltungsaufwand aufgefasst werden dürften, sondern ein direkter seelsorgerischer Dienst von uns seien. Ich kann das spontan nachvollziehen, denn die Zahl der Helfer hat stark abgenommen und ein regelmäßiges Flaggezeigen und Eingehen auf die Menschen, auch ohne entsprechende Ausbildung, trifft nach meiner Erfahrung von nun fünf Fahrten auf viel Freude und Dankbarkeit. Mich grüßen mittlerweile mir nur ganz flüchtig bekannte Menschen auf der Straße und sagen Dank, dass die deutsche Kirche sich fortlaufend engagiert. In der Shinsei Kamaishi-Kirche selbst waren den ganzen Oktober keine Freiwilligen, so dass das Zelt auf dem Kirchenvorplatz, welches Gesprächsstation für alle Vorbeigehenden war, mangels Personal abgebaut werden musste. Seit Anfang November gibt es allerdings wieder einigen Zulauf.

Die Idee, der Kirche ein/zwei Fischerboot/e und/oder Motor zu stiften, die dann an Fischer in Kamaishi ausgeliehen werden können und durch Rückführung eines Anteils vom Fang den Neuaufbau der Kirche mitfinanzieren soll, wurde enthusiastisch aufgenommen. Ich habe am Sonntag nochmal mit dem Bruder gesprochen, er wird eruieren, was genau von Nutzen sein wird. Ebenfalls haben wir uns Sonntag geeinigt, dass wir von jetzt an eine Stelle zur Koordination der Freiwilligenarbeit (Details sind herauszuarbeiten) finanzieren wollen.

Der Kirche in Ofunato haben wir ebenfalls einen Besuch abgestattet, der aber noch nicht weit über ein erstes Hallo hinausging. Die Kirche selbst ist unbeschädigt, die Gemeinde aber in Geldnot, da Gemeindemitglieder nicht mehr wie zuvor durch Spenden unterstützen können. Pfarrer Muraya ist erst seit nach dem Beben dort, hat also auch noch keinen kompletten Einblick in die Nöte und Sorgen dort. Vielleicht lässt sich etwas mit dem Community Projekt (siehe unten) koordinieren.

2. Musik:

Am Donnerstag habe ich einer Gesangprobe der Erwachsenen für Beethovens Neunte beigewohnt, am Freitag eine Chorprobe der Mittelschüler geleitet (Schwerpunkt Aussprache). Das klingt alles schon sehr ordentlich! (Wird am Tag der Aufführung aber vielleicht komplett Bruch machen, denn nunmehr bin ich eingeladen, im Chor mitzusingen. Ich habe mich nach Kräften gewehrt, mein Japanisch hat aber nicht gereicht…)

Das Beethoven-Kommittee hat dankbar unser Angebot für finanzielle Hilfe angenommen, weiß aber noch nicht, in welcher Höhe rote Zahlen auf sie zukommen, und bittet uns um Geduld. Ich habe erklärt, dass wir auch nach der Aufführung ins Gespräch kommen können. Das fände ich persönlich sogar sehr sinnvoll: wir haben dieses Jahr mit Chorprobe tatkräftig geholfen, als nächsten Schritt helfen wir bei Begleichung von Rückständen und sichern so das Überleben und die Möglichkeit weiterer Aufführungen in den kommenden Jahren.

Meine Frau Kumiko, die am Freitag dazu kam, ist konzertreif ausgebildete Pianistin und hat an drei Orten musiziert: ausführlich im „Salon Yamazaki” bei Frau Inoue, dann kurz jeweils im Osanago-Kindergarten und der Shinsei-Kirche. Der bleibende Eindruck davon war, dass spontanes Musizieren nur für die gerade Anwesenden und ohne Druck, einen Ort vorzubereiten und ein Publikum zu werben, eine große Freude bereiten. Schauen Sie sich mal Frau Hakoyama, Leiterin des Osanago-Kindergartens, an. Rührung, Andacht, Freude, Dankbarkeit:

Film

Pfarrer Yanagiya kullerte beim gleichen Stück eine Träne über die Wange, da war ich nicht abgebrüht genug, um zu filmen oder fotografieren.

3. Kinder:

Die angebotene Grippe-Impfung wird nur durchwachsen angenommen. Laut Ärzteverband in Kamaishi sind genügend Dosierungen dieses Jahr für Tohoko reserviert worden (das erklärt vielleicht die Knappheit in Tokio). Der Kamaishi-Hort und der Hikari-Kindergarten in Miyako möchten unser Angebot annehmen, arbeiten aber noch an der Zahl der Impfungen und dem Termin. Der Osanago- und Midori-Kindergarten in Otsuchi haben fürs erste dankend abgewunken, weil Unicef dort die Impfungen subventioniert.

4. Meer:

Siehe oben Shinsei-Kirche.

Bei Stadtrat Goda habe ich Herrn Saito aus Kawasaki kennengelernt, ein Fischereiexperte, der auch das Agrar-Forst-Fischereiministerium berät. Ich werde mich in nächster Zeit einmal in Ruhe treffen, er arbeitet mit den Verwaltungen vor Ort und hat das persönliche Ziel, beim Wiederaufbau der Fischereiindustrie gleichzeitig die bisherigen mafiösen Strukturen aufzubrechen und einer jungen Generation den Weg zu ebnen. Ich kann noch nicht einschätzen, was und wieviel da dran ist, verspricht aber ein interessantes Gespräch zu werden.

5. Ofunato:

Das Gelände für das geplante Community Cafe haben wir uns angesehen und mit dem Koordinator vor Ort gesprochen. Ich habe viel kreative Energie und echte Hilfsbereitschaft gespürt, aber sie stecken noch in den Kinderschuhen. Ich werde das aufbereiten und dem Verband Deutsch-Japanischer Gesellschaften antragen.

6. Laut gedacht:

Die Lage stellt sich mir so dar, dass erste, existentielle Bedürfnisse gedeckt sind. Jetzt beginnt die Trauerarbeit, und viele sprechen von zunehmenden Depressionen. Unser Fokus für die kommenden Monate sollte auf seelsorgerischer Hilfe liegen, durch Unterstützung von Initiativen wie der in Ofunato, durch musikalische Veranstaltungen – das wird vor Ort immer wieder angesprochen -, denen wir nach Möglichkeit ein Element des Mitwirkens vom Publikum geben sollten, durch kontinuierliche und verstärkte Präsenz vor Ort und Gesten wie spontanem Musizieren, Singen aus unserem Gesangbuch nach dem Gottesdienst und anderen Freundschaftsbekundungen. Und wir sollten den Hinweis von Pfarrer Yanagiya mit Sorgfalt diskutieren, ob unsere Tätigkeit und Fahrten nach Iwate nicht vielleicht tatsächlich als direkte Verwendung von Spenden für seelsorgerische Unterstützung klassifiziert werden können.

Hier einige Zitate, die ich in Kamaishi aufgeschnappt habe:

„Im Notlager hatten wir keinerlei Privatsphäre, teilten aber ein Schicksal und konnten mit den Menschen um uns herum glücklich sein, überlebt zu haben. In den Behelfshäusern gibt es jetzt wieder Privatsphäre, dafür sitzt aber jeder für sich alleine mit seinem Schmerz.” (Prof. Yamazaki)

„Die Trauer ist so schnell vorausgeprescht, dass die Tränen anfangs gar nicht hinterher kamen.“ Prof. Yamazaki konnte erst einen Monat nach dem Beben zum ersten Mal weinen, davor war er von den Erfahrungen überwältigt. Auf dem kurzen Weg vom Notlager im Tempel zu den Ruinen seines Hauses hat er 66 Leichen gezählt, und sich nicht getraut, fest aufzutreten, weil ihm klar war, dass viele mehr im Schlamm unter ihm steckten. Die Blockade wurde gelöst, als eine Geigerin aus Morioka den Tempel besuchte und unangekündigt Tango spielte. In einer lokalen Zeitschrift ist ein Bild von ihm, wie er spontan und wie in Trance dazu tanzt. In der Nacht hat er dann geweint.

„Mit dem Schutt war es schöner.“ Pfarrer Yanagiya wünscht sich natürlich nicht wirklich Schutt und Schlamm wieder auf die Straßen, sondern beklagt, dass der Zusammenhalt der ersten Tage, Wochen und Monate rapide verloren geht. Mir selbst fiel auf, dass freie Flächen vor der Kirche nun wieder als Parkplätze für Apotheken zum benachbarten Krankenhaus reserviert sind. Solidarität wird durch Eigentumsdenken ersetzt.
Jesper Weber

Mittwoch, 2. November 2011

Traumberuf: Saftladen

Die vierjährige Rena besucht den Midori-Kindergarten in Otsuchi (Präfektur Iwate) an der japanischen Pazifikküste. Am 11. März wurde sie mit allen anderen noch nicht abgeholten Kindern nach dem Beben im Kindergartenbus auf die nächste Anhöhe gefahren und in das dortige Gymnasium gerettet.

Der Kindergarten wurde wenige Minuten später von einer über fünf Meter hohen Welle überspült und schwer beschädigt. Die Häuser in der Nachbarschaft sind nach der Explosion von Propangasflaschen abgebrannt, wovon der Kindergarten aber wie durch ein Wunder verschont blieb und nun alleine auf freier Fläche steht. Der Schutt ist seit Sommer weggeräumt, nur noch die Betonfundamente der Nachbarhäuser sind zu sehen.

Die Kinder werden seit April wieder in einem Ausweichquartier betreut, dem Gästehaus des Gymnasiums, das ihnen bis Ende des Jahres zur Verfügung steht. Dort wurde am letzten Oktoberwochenende die jährliche „Kunstausstellung” der Kindergartenkinder gezeigt. Jedes Kind hatte aus Knetmasse eine Puppe von sich selbst gebastelt und ein Blumenbild gemalt. In der Mitte des Raums steht ein „Wunschbaum“, an den Kinder und Eltern ihre Bitten heften konnten. Neben Durchhalteparolen vieler Eltern, Wünschen, nach Disneyland zu fahren oder Fußballprofi zu werden, hängt Renas Zettel: „Ich will einen Saftladen machen.“

Bis da ist es noch ein wenig hin. Erstmal muss der Kindergarten umziehen, aus dem jetzigen Provisorium in das nächste. Geplant ist, auf einem nahegelegenen Feld einen Fertigbau zu errichten. Der Landbesitzer hat schon zugestimmt, jetzt muss die Präfektur das Agrargrundstück als Gewerbegrundstück freigeben, damit die Stadt die Baugenehmigung erteilen kann.

Die Schulturnhalle war bis Ende August die Wohnung für Rena und ihre Eltern, dann konnten sie in ein Behelfshaus umziehen, standardisierte Wohncontainer mit ein bis drei Zimmern, Küche und Nasszelle.

Eikoh Sasaki leitet den Midori-Kindergarten und war bis August Renas Matratzennachbar in der Turnhalle, jetzt ist auch er in einem Behelfshaus untergebracht. „Am liebsten würde ich gleich wieder am alten Ort aufbauen, denn das Gebäude ist weniger stark strukturell beschädigt als ich befürchtet hatte. Die Wände sind futsch, aber die tragenden Pfeiler sind noch brauchbar. Aber die Stadt will sich erst Ende des Jahres zu einem Wiederbebauungsplan äußern, das kommt zu spät für uns.“ Ob das ein endgültiger Plan wird oder nur erste Richtlinien bekannt gemacht werden, darauf hat sich die Verwaltung auch Ende Oktober noch nicht festgelegt.

Die Gegend ist zudem noch nicht wieder gegen Flut und Tsunami abgesichert, die Dammanlagen konnten noch nicht repariert werden. Daher würden die Eltern keinesfalls zustimmen, ihre Kinder am alten Ort in Betreuung zu geben. Die Kinder selbst beginnen allerdings, ihr Trauma zu überwinden, sie klammern sich nicht mehr wie noch vor einigen Monaten bei jedem Erdstoß verängstigt an die Erzieher. Aber, so berichten Eikoh Sasaki und auch die Leiter des ebenfalls überfluteten Osanago-Kindergartens in Otsuchi und des Horts im benachbarten Kamaishi, sie hören auch bei schwachen Nachbeben sofort mit dem Spielen auf und schauen auf die Erwachsenen, ob sie aus dem Gebäude flüchten sollen.

Und auch falls die Stadt das Gebiet zur Wiederbebauung freigeben und den Schutzwall wieder errichten sollte, auf Eikoh Sasaki kommen enorme Belastungen zu: „Mit jedem Voranschlag steigen die Kosten. Zuerst sollte die Reparatur des Gebäudes 60 Millionen Yen (knapp 60.000 Euro) kosten, jetzt liegen wir bei 80 Millionen Yen. Ein Abriss und Neubau käme auf über 130 Millionen Yen. Die Hälfte von Renovierung oder Neubau würde vom Staat subventioniert, den Rest muss ich selbst zahlen, für die Innenausstattung gibt es überhaupt keine Zuschüsse.”

Das Gebäude ist zweigeschossig. Weil die Welle über fünf Meter hoch war, hat ein von der Präfektur bestellter Experte mittlerweile gefordert, in diesem Gebiet mindestens dreigeschossig zu bauen, damit man auch innerhalb des Gebäudes vor einem Tsunami flüchten kann. Das würde für den Midori-Kindergarten einen kompletten Neubau bedeuten. In Otsuchi wie in allen vom Tsunami verwüsteten Städten schnellen außerdem die Kosten für Materialien und die Löhne für Zimmermänner in die Höhe, weil die Nachfrage das Angebot übersteigt. Das wird sich noch verschärfen, wenn der Wiederaufbau in Gang kommt. Was weiterhin angesichts des Ausmaßes der Zerstörung eigentlich die Vorstellungskraft übersteigt.

Dabei gab es ähnlich hohe Tsunami und Verwüstung auch nach Beben in den Jahren 1896 und 1933, es wird also der dritte Wiederaufbau in 120 Jahren. Für die benachbarte Stadt Kamaishi sogar der vierte, 1945 war die Stadt durch alliierten Marinebeschuss, der auf die dortigen Stahlwerke zielte, komplett dem Erdboden gleichgemacht.

In Kamaishi hat die Verwaltung überlebt – in Otsuchi waren der Bürgermeister und sein Vize dem Tsunami zum Opfer gefallen – und ist daher ein Stück weiter in der Planung. Der Tsunami-Wall in der Hafenmündung, ehemals der weltweit größte, soll für 500 Millionen Euro wieder aufgebaut und von sechs auf acht Meter aufgestockt werden. In vielen Ortschaften wird kontrovers diskutiert, ob die Schutzwälle nicht eigentlich Schuld an vielen Todesfällen trügen, weil sie die Opfer in falscher Sicherheit gewogen hätten. Die Mehrheit vertritt die Ansicht, dass die Mauern zwar nicht gehalten haben, bei niedrigeren Tsunami aber jedenfalls effektiv seien und auch im März die Wassermassen einige wertvolle Minuten aufhalten konnten. Damit blieb mehr Zeit zur Flucht über oftmals weite Strecken von der Küste bis zum nächstgelegenen Hang, und viele Leben konnten gerettet werden.

In Kamaishi ist mittlerweile die Idee als unrealistisch verworfen worden, eine Bergkuppe zu schleifen und damit ebene Fläche neu zu schaffen. Also gibt es keine Alternative zur Wiederbesiedlung des Hafengebiets. Mittlerweile wird recht konkret darüber nachgedacht, Baugenehmigungen in Gebieten, die zwei Meter oder mehr unter Wasser standen, nur für Stahlbetonstrukturen zu erteilen, bei der zusätzlichen Auflage, im Erdgeschoss keine Wohnräume einzurichten.

Schnelle Entscheidungen und schnelle Umsetzung sind unverzichtbar. Kamaishi hatte vor dem Beben 40.000 Einwohner, von denen 1.000 umgekommen und weitere 1.000 abgewandert sind. Von den verbliebenen 38.000 leben 2.800, also über sieben Prozent, seit Mitte August in provisorischen Containerhäusern, die auf ebenen Flächen weitab von Infrastruktur wie Schulen, Supermärkten und Krankenhäusern aufgestellt wurden. Die Nutzung ist aus Fairnessgründen auf maximal zwei Jahre beschränkt, die gleiche Frist, für die Flüchtlingen in städtischen bzw. privaten Wohnungen die Miete erlassen bzw. erstattet wird. Und die Container sind schlecht isoliert, sie waren im Sommer zu heiß und werden im Winter zu kalt, darüber hinaus sind sie nicht mit Stauraum ausgestattet. Rena in Otsuchi hat ihre Spielsachen und Kleidung immer noch in Umzugskartons, weil es keine Regale gibt.

Ähnlich geht es Prof. Masayuki Yamazaki in Kamaishi, dem Flötenlehrer, der am 11. Dezember zum fünften Mal in Folge Beethovens Neunte dirigieren wird. Sein Haus und der nahegelegene Lederwarenladen seiner Frau, in dem das Ehepaar zum Zeitpunkt des Bebens war und sich erst nach wiederholten Zurufen ihres Sohns zur Flucht anstelle von Aufräumen entschloss, so dass sie nur zwei Minuten Vorsprung vor der Welle hatten, wurden zerstört. Sie sind auch jetzt noch auf Kleiderspenden angewiesen, und pendeln von ihrem Containerhaus an einem Ende der Stadt zu dem wiedereröffneten Laden in einem Containerdorf am anderen Ende. Mit einigen gespendeten Instrumenten gibt er wieder Unterricht und Konzerte. Sein Lieblingsinstrument hat er verloren: „Wir haben lange in den Trümmern gesucht und schließlich den Kasten gefunden. Der war verschlossen aber leer. Wahrscheinlich hat jemand meine Flöte geklaut, denn die war aus 40-karätigem Gold.”

Die Neunte wird wie jedes Jahr am zweiten Sonntag im Dezember aufgeführt, diesmal nicht in der überschwemmten Stadthalle, sondern in einer Turnhalle. Wie jedes Jahr wird ein 70-köpfiges Orchester aus Tokio eingeladen, aus Kamaishi kommt der Chor, 120 Erwachsene und 180 Mittelschüler, das 35. Jahr in Reihe. Es hatte viele Hilfsangebote aus Japan und aller Welt, auch aus Deutschland, gegeben. Beispielsweise hatte sich Yutaka Sado, der diesen Mai in der Berliner Philharmonie sein Dirigentendebut gab, angeboten, die Aufführung zu leiten. Alle Angebote wurden mit viel Dankbarkeit aufgenommen, aber schließlich sämtlich abgelehnt. Das Veranstaltungskommittee hat nach langem Nachdenken beschlossen, dass es wichtig für die Stadt sei, die Aufführung in eigener Regie zustande zu bringen, um keine Lücken in der Organisation zu reissen, die dann vielleicht in den kommenden Jahren nicht aus eigener Kraft gestopft werden können.

Bilder sind hier:
https://picasaweb.google.com/104350831750832252132/IwateOktober2011#


Jesper Weber